Heinrich Mann, der unbekannte Rebell

Sendezeit: 11:05 - 11:50, 02.04.2023
Genre: Künstlerporträt
  • Von: Nobert Busè
D (2021) Heinrich Mann (1871-1950) war Beobachter und Kommentator politisch-gesellschaftlicher Vorgänge seiner Zeit. Gerade heute lohnt es, die Botschaften des Humanisten neu zu betrachten.
Viele Essays lesen sich wie aktuelle Kommentare - sei es zu Hatespeeches in Sozialen Medien oder zum Aufflammen von Antisemitismus oder deutschnationalem Geraune. Der Film begibt sich auf die Spuren des Schriftstellers. Ulrich Tukur interpretiert Heinrich Manns Texte.
Heinrich Mann war ein Humanist, eine moralische Instanz, dessen Botschaften uns gerade heute wieder viel zu sagen haben. Neben seinen berühmten Werken wie "Professor Unrat", "Der Untertan" oder seinen beiden "Henri Quatre"-Romanen hat Mann über 1000 Essays verfasst, die sich zwischen romantischer Verklärung politischer Utopien und exzellenten, hellwachen Analysen von Fehlentwicklungen bewegen. Er wurde nicht müde, für Freiheit und Gerechtigkeit einzutreten.
In seinen Essays äußerte er sich zunehmend besorgt über die deutschnationale Rechte, plädierte für ein starkes, geeintes Europa mit einer deutsch-französischen Achse und positionierte sich gegen jeden nationalen Chauvinismus. Schon im Ersten Weltkrieg gehört Heinrich Mann zu den großen Mahnern und Pazifisten und hat sich damit ganz gegen seinen kriegsbegeisterten und deutschnationalen Bruder Thomas gestellt. 1914 vollendet er seinen Roman "Der Untertan" über einen typischen Opportunisten im Kaiserreich. Erst nach Kriegsende kann der Roman erscheinen und verkauft sich sofort rasant. Heinrich Mann gehört in dieser Zeit zu den populärsten Autoren Deutschlands. Aber auch zu den streitbarsten. Er engagiert sich für den Sozialismus, für soziale Gerechtigkeit als Basis für eine funktionierende Gesellschaft.
1933 steht sein Name auf der ersten Ausbürgerungsliste der Nazis, seine Bücher werden verbrannt, und Heinrich Mann emigriert in die USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird er in der jungen Bundesrepublik mit Ressentiments betrachtet, die DDR hingegen wählt ihn 1949 zum Präsidenten der Deutschen Akademie der Künste in Ostberlin. Kurz vor seiner Abreise aus den USA stirbt Heinrich Mann.
Für die Dokumentation "Heinrich Mann, der unbekannte Rebell" interpretiert Schauspieler Ulrich Tukur Texte von Mann, die den Nöten der Zeit, ihrer Zerrissenheit und den Konflikten in einer Gesellschaft nachspüren, die sich auf geradem Weg in den nächsten Krieg befindet.
Die Texte erhalten auch intime Einblicke in Heinrich Manns private Beziehungen zu Frauen aus der Boheme, die den Autor mehr als nur literarisch beschäftigt haben. Schauspielerinnen, Tänzerinnen und Prostituierte erscheinen bei Heinrich Mann als "starkes Geschlecht" und nicht, wie sonst in dieser Zeit üblich, als bloßes Interieur einer bürgerlichen Welt. Inwieweit er vielleicht in seinen Beziehungen aber auch nur literarischen Ausbeutungsinteressen gefolgt ist, wird ebenfalls Thema.
Zu Wort kommen außerdem die Heinrich-Mann-Fans Claudia Roth (MdB/ Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags) und Martin Schulz (Friedrich-Ebert-Stiftung).

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